Ralf Bader im Interview
„Wir werden innovativ sein müssen“
Es erscheint wie eine Herkulesaufgabe für einen neuen Trainer aus der 3. Liga. Ralf Bader übernimmt die Bietigheimer Handballer nicht in der 2. Liga, sondern führt sie nach dem überraschenden Aufstieg jetzt in ihre zweite Spielzeit (nach der Saison 2014/15) in der 1. Bundesliga. Der 37-jährige besitzt als Spieler Bundesligaerfahrung mit Pfullingen und Neuhausen/Erms. Seine erste Trainerstation im Männerbereich war der Oberligist TSV Neuhausen/Filder, den er in der 3. Liga etablierte. Bader geht seine „größte Herausforderung als Trainer“ erstaunlich pragmatisch an.
Eine Woche in der Vorbereitung ist absolviert. Wie sind Ihre ersten Eindrücke?
Einige Ergebnisse der Leistungstest stehen noch aus. Aber meine ersten Eindrücke sind sehr positiv. Wir haben eine sehr homogene Truppe, die viele verschiedene Stärken in sich trägt. Und das sind erstmal keine schlechten Voraussetzungen. Ich war überrascht, wieviel Zug und Motivation gleich im ersten Training mit Ball drin war.
Die SG BBM geht mit sechs Neuzugängen in die Saison. Inwieweit waren Sie bei der Zusammenstellung der Mannschaft bereits involviert?
Ich wurde von Anfang an mit einbezogen. Der sportlichen Leitung war wichtig, wie meine Meinung dazu ist. Das war natürlich sehr positiv.
Und doch ist die Situation mit dem Aufstieg nochmal eine ganz andere geworden.
Grundsätzlich war schon eine Entwicklung in der Mannschaft, die uns früh in Richtung 1. Liga hat blicken lassen. Der Kader wäre nicht so groß geworden, wenn wir in der 2. Liga geblieben wären. Wir wollten uns für die 1. Liga breiter aufstellen. Denn am Ende wollen wir uns nicht sagen müssen, dass eine Verletzung zu viel uns die Liga gekostet hat. Ein „normaler“ Aufsteiger hat zunächst immer körperliche Defizite. Deshalb haben wir uns gezielt mit Spielern verstärkt, die Körpergröße mit ins Team bringen, damit wir nicht ganz so weit weg sind von der Konkurrenz.
Auch persönlich hat sich die Ausgangslage für Sie mit dem Aufstieg nochmal komplett geändert.
Mit 20 Jahren habe ich entschieden, dass der Sport nicht nur meine Leidenschaft ist, sondern auch mein Beruf sein soll. Ich habe mich fürs Sportstudium entschieden, ganz bewusst damals schon Jugendmannschaften trainiert und das Ganze als Jugendkoordinator ausgebaut, während ich noch selbst gespielt habe. Ich habe einen tiefen Trainereinstieg im Männerbereich gewählt, weil mir klar war, dass es fünf, sechs Jahre braucht, um als Trainer voranzukommen. Jetzt ging es doch wesentlich schneller. Diese Chance muss man jedoch annehmen, denn sie wird es nicht so oft geben. Und dieses Vertrauen, das der Verein in mich setzt, will ich natürlich zurückzahlen.
Könnte die Aufgabe in der 1. Liga nicht vielleicht sogar einfacher werden, als in der 2. Liga?
Man kann die Situation immer von verschiedenen Seiten sehen. Wären wir Dritter in der 2. Liga geworden, hätte jeder in dieser Saison eine Steigerung von uns erwartet. Der Druck wäre ebenfalls groß. Jetzt hat uns vermutlich jeder als einer der Absteiger auf dem Zettel. Wir können in jedes Spiel reingehen und versuchen die Punkte zu holen, während der Gegner gegen uns immer gewinnen muss. Klar ist, dass wir am Ende der Saison zwei Mannschaften hinter uns lassen wollen.
Verraten Sie uns etwas zu Ihrer Vorstellung vom Handball. Auf welche Spielweise dürfen wir uns in der 1. Liga freuen?
Was mir wichtig ist, ist extrem schnelles Umschaltspiel, das sich nicht nur im Gegenstoß wiederfindet, sondern in Abwehr und Angriff. Ich werde mich am Anfang natürlich an das halten, was die Mannschaft erfolgreich gemacht hat. Das ist in der Abwehr eine variable 6-0. Trotzdem bin ich jetzt schon dafür bekannt, offensiv verteidigen zu lassen. Wir werden innovativ sein müssen, um die Gegner auch mal zu überraschen. Ob uns das immer gelingt, ist die Frage. Versuchen müssen wir es auf jeden Fall.
Wie sieht der Marschplan in der Vorbereitung aus?
Zwei zentrale Innenblock-Verteidiger haben den Verein verlassen. Wir müssen als allererstes in der Abwehr zusammenfinden. Bei sechs Neuzugängen sind die Absprachen in den Kleingruppen ganz wichtig. Im Angriff nehmen wir uns die bisher erfolgreichsten Auslösehandlungen heraus. Wenn jeder Spieler weiß, was wir machen, werden wir gegen Ende der Vorbereitung unser Repertoire erweitern.
Der Spielplan der Bundesliga hat es für die SG BBM gleich zum Auftakt in sich.
Auch das kann man von zwei Seiten sehen. Wir haben jeden Gegner, der auf dem Zettel in Reichweite ist, erst einmal auswärts. Das kann aber auch ein Vorteil sein, vielleicht holen wir den einen oder anderen unerwarteten Punkt. Zu Hause warten zunächst einmal die wirklich dicken Brocken. Vielleicht ist mit extrem viel Euphorie und Begeisterung eine Überraschung drin. Wir brauchen wenn möglich jede Woche Ergebnisse, die Mut machen.
Interview: Bernhard Gaus